Wenn Tag und Nacht verschwimmen
Rund um den vierten Monat veränderte sich Pelles Schlafverhalten plötzlich grundlegend. Ich fand heraus, dass es nicht unüblich ist, dass Babys während dieses Schubs tagsüber plötzlich deutlich kürzer als zuvor schlafen wollen und nachts immer wieder aufwachen. Auch bei uns standen Tag und Nacht Kopf. Auf einmal schaffte Pelle tagsüber kaum mehr als 30 Minuten am Stück zu schlafen, wirkte unausgeruht, weinte viel, wurde nachts oft jede Stunde wach und wollte an die Brust. Unsere Augenränder und der Frust wuchsen mit jeder durchwachten Nacht. Das Kind einfach mal machen und seinen eigenen Weg hin zu gutem Schlaf finden lassen – dieser Ansatz, den wir ursprünglich gewählt hatten, hatte uns nicht zum Ziel geführt. Im Gegenteil: Mein Mann, der jede Nacht an unserer Seite war, und ich konnten nicht mehr.
„Ich begann mich mit anderen Müttern aus dem Geburtsvorbereitungskurs auszutauschen und stellte schnell fest: Wir sind ganz schön viele, die hier im selben Boot sitzen und vergeblich für jede Minute Schlaf paddeln.”
Julia V. | Mama von Pelle (10 Monate)
Als ich selbst heftige Schlafprobleme bekam und nachts oft bis halb drei wach lag, beschloss ich, nicht weiter auf ein Wunder zu warten. Zudem frustrierte es mich wahnsinnig, dass wir beim Thema Abstillen so überhaupt kein Stück weiterkamen. In Eigenrecherche stolperte ich über Hinweise wie altersgerechte Wachzeiten, Dreamfeeding, Schlafdruck, Schlafassoziationen – hätte ich davon doch schon früher gehört! Ich arbeitete mich tief ins Thema Babyschlaf ein und wir schüttelten tatsächlich den ersten heftigen Schub ab. Vor allem, weil wir uns an die altersgerechten Wachphasen hielten und unseren Sohn immer dann in die Trage nahmen, wenn es Zeit wurde, zu schlafen. Übermüdungen ließen wir nicht mehr zu, zu früh legten wir ihn nie mehr schlafen. Dieser neue Rhythmus gab uns Sicherheit. Die Tage wurden prima, die Nächte etwas ruhiger, aber vom berühmten Durchschlafen waren wir noch Welten entfernt. Pelle wollte abends und nachts partout nur an der Brust, die ich ihm ja eigentlich zeitnah komplett abgewöhnen wollte, einschlafen. Im Kinderwagen schlief er so gut wie nie. Mitte des achten Monats begann das Drama von vorn: Hallo, nächster Schub! Pelle kämpfte sich trotz Einhaltens der altersgerechten Wachphasen teilweise 1,5 Stunden in den Nachtschlaf und war regelmäßig nach 30 Minuten wieder wach – und wollte wieder an die Brust. Nicht selten wachte ich zehn- bis 15-mal in der Nacht auf. Obwohl er tagsüber sogar oft alleine im Bett einschlief und die Brust zumindest dann nicht mehr brauchte.
Wenn die Nerven nur noch blank liegen
Ich hatte mich lange gegen ein Schlafcoaching gewehrt. Wollte es partout selbst schaffen, mein Kind sanft von der Brust zu entwöhnen und zum selbstständigen Ein- und Weiterschlafen zu motivieren. Fand immer einen Grund dafür, warum es gerade schwierig war: Zähne, Ortswechsel, Schübe, Hitze. Obwohl mein eigener Akku leerer als leer war, wollte ich dieses Ziel nicht mit der Brechstange erreichen. Schreien lassen kam absolut nicht infrage. Dann schrieb ich Schlafberaterin Kim Poitzsch an. Ihr Weg, der mich von Beginn an überzeugte: Routinen, Routinen, Routinen – aber auf eine bedürfnisorientierte Art.
Gemeinsam erarbeiteten mein Mann und ich mit ihr im 60-minütigen Einzelcoaching einen Tagesablauf, der zu uns und Pelles Biorhythmus passte. Wir lernten, die erste Wachphase auszudehnen, sodass er auf altersgerechte zwei Tagesschläfchen kam, und überließen das Ein- und Weiterschlafen nicht mehr dem Zufall. Kim gab uns Sicherheit. Wir waren auf einem guten Weg, aber jede Unruhe brachte uns davor einfach viel zu sehr aus dem Konzept. Ihr wichtigster Tipp: dranbleiben, gerade dann, wenn es schwer wird. Wir haben nun endlich einen Plan an der Hand, der uns immer wieder Erfolgsmomente schenkt, die wir alle drei so dringend brauchen.